Das gab es seit über 30 Jahren nicht!

Am vergangenen Freitag kam es nach Handelsschluss in China zu einer außergewöhnlichen Ankündigung. Danach hatten die Finanzregulierungsbehörde und die People´s Bank of China aufgrund von nicht einzuschätzenden Kreditrisiken die Kontrolle über die in der Inneren Mongolei ansässige Baoshang Bank übernommen.

Es ist mehr als dreißig Jahre her, seit es letztmals zu einer solchen Ankündigung gekommen war. Die Meldung wirft ein Schlaglicht auf den wachsenden Stress unter regional aktiven Banken und Kreditgebern im Reich der Mitte.

Gutes Timing verhindert direkte Abverkaufswelle

Das Timing dieser Ankündigung war nach Schließung der Märkte vor dem Wochenende gut gewählt, da ein Überspringen auf andere Kreditgeber samt einsetzender Abverkaufswelle auf diese Weise erst einmal verhindert wurde.

Dass nach der Kontrollübernahme bei der Baoshang Bank durch den chinesischen Staat nun trotzdem Befürchtungen aufkommen, dass eine Reihe von anderen Regionalbanken ebenfalls das Zeitliche segnen könnte, liegt in der Natur der Finanzmärkte.

Denn schließlich ist es auch an den chinesischen Unternehmensbondmärkten zuletzt zu einer rekordhohen Ausfallwelle gekommen. Eine Bloomberg-Grafik gibt hierüber Aufschluss:

    

     

Abverkäufe nachgezogen, Bondmärkte unter Druck

Im Zuge der Ereignisse um die Baoshang Bank sind die Refinanzierungskosten seit Montag teils deutlich angestiegen, während es in Chinas Banken- und Finanzsektor seit Montag dann doch noch zu den durch das Wochenende verzögerten Abverkäufen kam. Auch Chinas Bondmärkte sind seit Wochenbeginn unter einen erheblichen Verkaufsdruck geraten.

So kletterten unter anderem die Kreditkosten im Bankensektor, während es auch an Chinas Staatsanleihemärkten seit Wochenbeginn zu Renditeaufschlägen gekommen ist. Der siebentägige Rückkaufzinssatz kletterte am Montag um 30 Basispunkte oder 0,3 Prozent auf 2,85 Prozent, dem höchsten Niveau innerhalb eines Monats. Die Zinsen im Sektor der Regierungsbonds mit 10-jähriger Laufzeit kletterten um fünf Basispunkte auf 3,35 Prozent.

Baoshang Bank als Weckruf – Kleinbanken zeigen sich an Bondmärkten zurückhaltend

Unter Analysten hieß es, dass die Ereignisse um die Baoshang Bank ein alarmierender Weckruf seien. Akteure an Chinas Interbankenmarkt, die bislang davon ausgegangen waren, dass keine chinesische Bank pleitegehen würde, blickten nun mit weitaus größerer Vorsicht auf dieses Segment.

Des Weiteren wird damit gerechnet, dass insbesondere Kleinbanken mehr und mehr davor zurückschrecken könnten, an den Regierungsbondmärkten Chinas zuzugreifen, da sich nicht nur die Finanzierungen in diesem Sektor verteuerten, sondern es momentan nicht sicher sei, ob es Kleinbanken überhaupt noch so leicht fallen wird, sich Liquidität zu verschaffen.

Die ausstehenden Bonds der Baoshang Bank wurden zu Wochenbeginn vom Handel suspendiert, was es Kleinbanken erschweren dürfte, neue Schuldpapiere zu emittieren. In einer Mitteilung der China Merchants Bank hieß es, dass ausstehende Anleihen von Lokal- und Regionalbanken, die sich in einer ähnlichen Situation wie Baoshang befänden, vor einem Abverkauf stehen könnten.

Vermögenswerte bestehen zu einem Viertel aus vergebenen Krediten

Die im Jahr 1998 gegründete Baoshang Bank beschäftigt mehr als 8.000 Mitarbeiter und verfügt laut eigener Aussage über Vermögenswerte in einem Umfang von knapp 580 Milliarden Yuan oder umgerechnet knapp 85 Milliarden US-Dollar.

Die sogenannten Erträge aus Investitionen, die bei Licht besehen nichts anderes als vergebene Kredite sind, die in der Bilanz unter Investitionen verbucht wurden, belaufen sich bei Baoshang auf 154 Milliarden Yuan – und somit auf mehr als ein Viertel aller gehaltenen Vermögenswerte.

Faktisch insolvent: Staatsbailout mit Bail-in-Charakteristiken steht an

Caixin berichtete zu Wochenbeginn unter Bezugnahme auf die Bankenregulierungsbehörde, dass die Baoshang Bank de facto insolvent ist. Gläubiger im Bankensektor, die auf vergebene Kredite in Höhe von mehr als 50 Millionen Yuan gegenüber Baoshang blicken, sollen danach mit 70 Prozent entschädigt werden, während Unternehmenskunden 80 Prozent ihrer Einlagen zurückerhalten sollen.

Alle Beträge unterhalb von 50 Millionen Yuan werden durch die Pekinger Regierung garantiert. Deutlich wird, dass Interbankengläubiger, Unternehmenskunden und einige Privatkunden des Instituts einem Haircut anheimfallen werden. Vielleicht verwundert es in diesem Zuge kaum, dass Chinas einjährige Zinsswaps am Montag um sieben Basispunkte auf 2,825 Prozent kletterten, da sich der Ausblick für die Liquiditätsbedingungen verschlechterte.

Ist die Baoshang Bank der erste Dominostein?

Um es kurz zu machen, zeichnet sich im Reich der Mitte gerade ein Staatsbailout mit Bail-in-Charakteristiken ab. Handelt es sich im Fall von Baoshang Bank unter Umständen um den ersten Dominostein, der in Chinas Bankensektor gekippt ist? Laut Bankenverband blicken Chinas Institute und Kreditgeber kumuliert auf knapp 270 Billionen Yuan oder umgerechnet knapp 40 Billionen US-Dollar an finanziellen Verpflichtungen.

Demgegenüber stehen 246 Billionen Yuan oder umgerechnet 35,6 Billionen US-Dollar an kumuliert gehaltenen Vermögenswerten. Die folgende Grafik stellt diese Zahlen in direkten Vergleich mit dem amerikanischen Bankensystem:

     

    

Kreditverschleierung: Crash im inzwischen größten Bankensektor der Welt durch Peking kaum zu verhindern

China blickt mittlerweile auf den größten Bankensektor der Welt, und es dürfte Peking schwerfallen, einen Crash zu verhindern, wenn das System erst einmal ins Wanken gerät. Die Dinge werden nicht einfacher, wenn man bedenkt, dass es insbesondere die kleinen und regional aktiven Banken gewesen sind, die in den letzten Jahren eine große Rolle an den Schattenbankenmärkten des Landes gespielt haben, wo sich vor allem hoch riskante Kreditnehmer tummeln.

In der Vergangenheit berichtete ich Ihnen darüber, dass Regionalbanken auch sogenannte Spezialfinanzierungsvehikel nutzten, die Kreditvergaberestriktionen der People´s Bank of China und der nationalen Aufsichtsbehörden zu umgehen. Vor allem auf diese Weise war es vielen dieser Kreditgeber möglich, den wahren Zustand ihrer Kreditbücher zu verschleiern.

Sollten die in der Bankbilanz von Baoshang offiziell ausgewiesenen faulen Kredite korrekt sein, so stellt sich die Frage, warum das Institut nun so plötzlich durch den Staat übernommen werden musste?! Da die Ausfallraten an den chinesischen Unternehmensbondmärkten auf neue Rekorde und luftige Höhen geklettert sind, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es zu weiteren Bankpleiten im Reich der Mitte kommen wird.

Bankruns auf Klein- und Regionalbanken könnten zu Systemrisiko führen

Nicht von ungefähr verpflichtete die Pekinger Regierung Klein- und Regionalbanken dazu, seit 90 Tagen und mehr nicht mehr bediente Darlehen auch als solche in den eigenen Bilanzen auszuweisen, was im Gegenzug zu einem rekordhohen Anstieg der faulen Kredite führte. Auf diese Weise sahen sich die Kreditgeber zu teils weitläufigen Bilanzberichtigungen genötigt, die Eigenkapital ausradierten.

Bloombergs Intelligence Index, der die Entwicklung von chinesischen Banken abbildet, sank zu Wochenbeginn um knapp ein Prozent auf ein Vier-Monats-Tief. Ob Klein- und Regionalbanken zu einem Systemrisiko in China werden könnten, dürfte sich in bald Zeit zeigen. Vieles wird davon abhängen, so Analysten, ob es nun zu Bank Runs auf diese Institute in China kommen wird oder nicht. Warten wir es ab!

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